Die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft (IPA) – Unterrichtsmaterialien - page 72

4.7.III
Stellungnahme von Otto Schmidt zum Raumordnungsgesetz anlässlich der ersten Lesung der Vorlage im Bundestag, 04.12.1963
Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU): Es handelt sich – ich möchte das aus-
drücklich betonen – um eine Initiativvorlage, an der sich Abgeordnete aus
allen Fraktionen dieses Hauses beteiligt haben, soweit sie der Interparla-
mentarischen Arbeitsgemeinschaft angehören. Da sich unsere Arbeitsge-
meinschaft aus Abgeordneten nicht nur des Bundestages, sondern auch
aller deutschen Landtage zusammensetzt,
war von vornherein gesichert,
daß die Raumordnung sowohl als Bundes- wie auch als Landesaufgabe be-
trachtet wurde, und diese Grundhaltung hat den ganzen Entwurf, der Ihnen
vorliegt, geprägt.
Die Initiatoren erstreben mit dieser Vorlage eine Ordnung im Raum, die mit
Planifikation oder Dirigismus nichts gemein hat, aber nun einmal notwendig
ist,
weil uns der Raum nur in sehr begrenztem Maße zur Verfügung steht
und wir eine unkoordinierte raumwirksame Disposition der stetig zuneh-
menden Bevölkerung mit ihren vielseitigen gemeinen oder Einzelbedürfnis-
sen nicht verantworten können. Die Notwendigkeit einer koordinierenden
Raumordnung und ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen einer freiheitli-
chen Rechtsstaatlichkeit wird selbst von ausgesprochenen Vertretern der
freien Marktwirtschaft anerkannt. Mehr als einmal ist darauf hingewiesen
worden, daß eine moderne Wirtschafts- und Finanzpolitik und moderne
Raumpolitik geradezu auf gegenseitiges Zusammenwirken angewiesen
sind. Die Raumordnung ist eben nicht gegen die Freiheit des einzelnen ge-
richtet, sondern ist ein Mittel zur Wahrung der allgemeinen Freiheit.
(…)
Natürlich müssen wir uns darüber im klaren sein, daß wir bei. der Raum-
ordnung vor einer sehr langfristigen Aufgabe stehen. Es ist mehrfach be-
hauptet worden, es sei bisher nichts versäumt worden. Sicher ist auf der
Basis einiger Landesplanungsgesetze und auch in der Bundesanstalt für
Raumforschung fruchtbar gearbeitet worden. Aber die großräumige Ent-
wicklung ist weithin mit ihren Einzelmaßnahmen darüber hinweggegangen.
Es ist vieles geschaffen worden, aber eben auch unkoordiniert geblieben.
(...)
(…)
Zum vorliegenden Entwurf möchte ich nur einige grundsätzliche Bemer-
kungen machen, da ich im übrigen auf die schriftliche Begründung verwei-
sen kann.
Die weitgehende Mitwirkung unserer Landtagskollegen gewährleistete die
Berücksichtigung aller legitimen föderalen Gesichtspunkte,
worauf wir au-
ßerordentlichen Wert legten. Unser Entwurf gibt dem Bund natürlich die
Vollkompetenz für die Koordinierung seiner eigenen Ressorts. Außerdem
muß der Bund aber auch die Aufgabe haben, die Planungen und Maßnah-
men aufeinander abzustimmen und zusammenzufassen, die über den Rah-
men eines einzelnen Landes oder einzelner Länder hinausgehen. Auch
seitens der Länder wird anerkannt, daß sie nicht Dinge regeln können, die
z. B. die europäische Zusammenarbeit betreffen. Auch die Berücksichti-
gung der gesamtdeutschen Belange muß Bundesvorrang haben. Das gilt
1...,62,63,64,65,66,67,68,69,70,71 73,74,75,76,77,78,79,80
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